3 S E R I E TONSTUDIOS
zunächst ganz ohne Musik, erspürt ihre
Eigenheiten und bezieht die Materialien
wie Dimensionen mit ein. Glaubt man
dem Perfektionisten, ist die alles entschei-
dende Mikrofonaufstellung ein Akt zwi-
schen rationaler Analyse und trancearti-
ger Meditation über die Elemente.
Ricci hat diese „Zeremonie“ entwickelt
und in Jahren optimiert, um dem Hörer
den Eindruck des Live-Erlebnisses zu ver-
mitteln, was oft erstaunlich gut gelingt.
„Vor der Anlage gibt es einen optimalen
Platz, an dem alles stimmt. Und in der
Kirche oder an einem anderen Aufnah-
meort verhält es sich genauso“, bringt er
seine Ansicht auf den Punkt. „Man muss
eben nur herausfinden, wo der ist.“
Anschließend wird das Orchester oder
der Chor beziehungsweise ein Soloinstru-
ment so platziert, dass sich eine natürliche
Abbildung ergibt. Ricci: „Wir setzen nicht
die Mikros um, sondern die Musiker.“
Klassische Werte: Fones Equipment
J
ede Aufnahme ist nur so gut wie ihre
Voraussetzungen. Dabei geht es nicht
nur um die Musiker und den Raum, sondern
natürlich auch ums Equipment und wie gut
man es beherrscht. Von Beginn an arbeitete
Fone mit den berühmten, bis 1965 produ-
zierten
Kondensator-Röhrenmikrofonen
U47 (o.r.) und U49 des Berliner Herstellers
Neumann. Gerade das U47, dem eine leichte
Grundtonbevorzugung nachgesagt wird,
nannte schon Beatles-Produzent George
Martin sein Lieblingsmikro. Ricci schwärmt:
„Es ist perfekt für Stimmen wie alle Arten
von Instrumenten. Meine Arbeit wäre ohne
die Neumanns gar nicht denkbar, und wenn
sie kaputt sind, beende ich definitiv meine
Aufnahmetätigkeit." Zum Glück besitzt der
Meister insgesamt neun Exemplare der
Klassiker, die er wie seine Augäpfel hütet,
da es keine Ersatzröhren mehr gibt.
Seit zwölf Jahren kommt eine eigens
entwickelte Mix-Konsole für die meistens
vier, zuweilen auch sechs eingesetzten
Mikrofone zum Einsatz. Doch hin und
wieder greift Ricci auch auf den Mischer
von Nagra (u.l.) zurück, über den sämtliche
Aufnahmen der ersten 18 Produktionsjahre
des Labels liefen. Höchste Präzision und
geringste Beeinflussung des Signals sind
hier die Anforderungen. Denn danach geht's
direkt über hochwertige Kabel in die analoge
Bandmaschine und den DSD-DAC für den
hochaufgelösten
SACD-Stream.
Dieser
stammt vom britischen Spezialisten DCS,
High Endern durch seine ultimativen Digi-
tal-Komponenten bekannt. Skurril, aber kon-
sequent: Für die CD-Veröffentlichung bezie-
hungsweise den CD-Layer der Hybrid-SACD
wird das Signal sorgsam ins Analoge gewan-
delt und dann erneut im entsprechenden
PCM-Format digitalisiert. Die Direktkonver-
tierung empfände Ricci als unehrlich.
Ebenfalls keine Kompromisse bei der Ana-
logaufnahme. Dafür steht neben Nagras
legendärer IV-S - früher wurden auch Revox-
Bandmaschinen eingesetzt - vor allem „The
King of all Tape Machines" (Ricci) bereit,
die Ampex ATR-102 (u.r.). Sie ist entweder
fest im Studio-Rack fixiert oder steckt in
einem Rollkoffer und kann so einfach an
jede Recording-Location gebracht sowie
dort bewegt werden. Der Recorder zieht den
Der Nagra-Mischer (l.) war die ersten 18 Jahre
das einzige Glied zwischen den Mikrofonen
und der Bandmaschine beziehungsweise
dem DSD-DAC. Für Analogaufnahmen ist die
Ampex-Bandmaschine ATR-102 (r.) die erste Wahl.
Die „DSD-Workstation" (o.) wurde speziell für die
Ansprüche von Fone konzipiert und gebaut
Mit Bernd Kammerer vom hiesigen Vertrieb
Da capo in Fürth, dessen Passion Vinyl ist,
bespricht „Signoricci" neue Projekte
Nach dem Auspegeln und der Herstel-
lung der präzisen Balance zwischen den
Haupt- und Raummikrofonen, für das
Ricci eine eigens entwickelte Konsole
besitzt und die ersten 18 Fone-Jahre eine
vom Studio-Profi Nagra einsetzte, kann es
losgehen. Es gibt hier also keine x-kana-
ligen Mischpulte oder die sonst aus Stu-
dios gewohnte Flut von Equipment.
Equalizieren, also die Betonung oder
Absenkung einzelner Frequenzberei-
che,
Dynamikkom-
pression, „Frisieren“
Von Beginn an
setzte Ricci auf
alte Neumann-Röh-
ren-Mikrofone
und hat sogar sein
berufliches Schick-
sal an sie geknüpft
breiten „Schnürsenkel" mit 76 Zentimetern
pro Sekunde an den Köpfen vorbei und
bespielt ihn dabei im Halbspurmodus. Eine
Rauschunterdrückung ist nicht notwendig,
weshalb Fone auf sie verzichtet.
Ricci ist sich sicher, dass die audiophile
Gemeinde seinen Aufwand goutiert. In den
vergangenen 30 Jahren hat er insgesamt
mehr als fünf Millionen Tonträger verkauft.
„Hand aufs Herz, Signoricci, geht's Ihnen
mehr um die Musik oder um den Klang?" Da
lacht der Maestro: „Giulio ist der Musiklieb-
haber und Cesare der Klangfanatiker. Aber
fiifty/fifty' summiert sich zu 100 Prozent."
36 STEREO 1/2014